#kongokonferenz

  • Palästina-Demonstranten stören Rede von Claudia Roth im HKW Berlin
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/palaestina-demonstranten-stoeren-rede-von-claudia-roth-im-hkw-berli

    Woke, woker, Bundeskultur - Platten „sichern“ und Straßen umbenennen anstelle von Kampf gegen Siedler- und Neokolonialismus heute, darum geht es bei „Claudia hat nen Schäferhund“ Roth. Kein Wunder, dass da wer protestiert.

    25.4.2024 von Susanne Lenz - Wie soll Berlin an seine Kolonialgeschichte erinnern? Am Donnerstag wurde das Erinnerungskonzept vorgestellt. Es ging nicht ohne Störung.

    Eine Feierstunde sollte es sein, mit Musik, Film, Poesie. Eine Veranstaltung, die die „Herzen öffnet“, wie es die Moderatorin sagt, performative Einbettung für die Vorstellung des Erinnerungskonzepts zu Geschichte und Folgen des Kolonialismus für Berlin. Der Gastgeber Bonaventure Ndikung, Leiter des Hauses der Kulturen der Welt, in dem die Veranstaltung stattfindet, kann noch ungestört reden. Aber kaum steht die Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf der Bühne, geht es los: Sieben oder acht Personen mit Palästinensertüchern stürmen auf die Bühne, entrollen eine Palästinafahne und rufen „Viva, viva Palästina“ und „Genozid“.

    Koloniale Erinnerung: Bei der Vorstellung des Erinnerungskonzepts für Berlin kaperten Pro-Palästina-Protestierende zeitweise die Veranstaltung. pic.twitter.com/mXnDyAPsWT — Susanne Lenz (@LenzSusanne) April 25, 2024

    Es dauert, es gibt Applaus aus dem Publikum, auch Buhrufe. Dann gelingt es, die Protestierenden aus dem Auditorium zu führen. „Das gehört zur Demokratie“, sagt Claudia Roth, „aber zur Demokratie gehört auch Respekt.“ Dann beginnt sie mit der vorbereiteten Rede, aber sie kommt nicht weit. Die nächsten stehen auf: „40.000 Tote in Gaza, Genozid.“ Leute aus dem Publikum mischen sich ein, darum gehe es heute nicht, es gehe um afrikanische Menschen. „Die Menschen in Gaza sind auch Menschen.“

    Dann ist erstmal Ruhe, aber die Stimmung ist hin. Keine offenen Herzen, sondern Anspannung. Claudia Roth spricht von Verdrängung und Vergessen, was die deutsche Kolonialgeschichte angeht. Aber kann man das wirklich noch so sagen? In Berlin gab und gibt es doch zahlreiche Initiativen, Ausstellungen, Stolpersteine, Straßenumbenennungen. Sicher sind das Anfänge, aber die Erinnerung an die Kolonialgeschichte als „völlig weißen Fleck“ zu bezeichnen, wie Claudia Roth es tut, scheint übertrieben.

    Eine junge Frau tritt ans Rednerpult, sie wirkt, als sei sie die nächste Rednerin, stellt sich als Koreanerin vor. Sie wolle über den Kolonialismus von heute sprechen. „Siedlerkolonialismus.“ Ein aufmerksamer Tontechniker dreht den Ton ab. Sie spricht von den israelischen Siedlern im Westjordanland. Die Koreanerin wird weggeführt.
    Joe Chialo will die Wilhelmstraße 92 sichern, den Ort der „Kongokonferenz“

    Ibou Diop tritt auf. Er leitet das vom Senat geförderte Modellprojekt Dekoloniale Erinnerungskultur in Berlin, das maßgeblich für die Entwicklung des Konzepts verantwortlich ist. Ibou Diop kann kaum sprechen, er muss mehrmals Wasser trinken. „Das ist eine Veranstaltung von mir“, sagt er. Er bittet um diesen Raum. Auftritt des Berliner Kultursenators Joe Chialo. Er geht mit keinem Wort auf den Protest ein. Aber er prescht vor mit etwas Konkretem: Er wolle das Haus in der Wilhelmstraße 92 sichern.

    Das ist der Ort, an dem sich 1884/85 die Gesandten der europäischen Mächte, der USA und des Osmanischen Reichs über die Regeln für die koloniale Aufteilung und Ausbeutung des afrikanischen Kontinents verständigten. Er halte diesen Ort auch für den zentralen Lern- und Erinnerungsort zur Kolonialherrschaft geeignet, den der Bund will. Jetzt werden propalästinensische Protestplakate hochgehalten, auf denen von Schweigen und Heuchelei die Rede ist.

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    Im Folgenden wird klar: Das Erinnerungskonzept für Berlin formuliert viel Bekanntes: Straßenumbenennungen (was allerdings Sache der Bezirke ist), Markierung der authentischen Orte durch vielfältige Erinnerungszeichen, dezentrale Erinnerungsorte, Gedenkveranstaltungen, Bildung. Einiges bleibt abstrakt: Was etwa ist mit der Dekolonisierung von Machtstrukturen an bestimmten Orten gemeint? Das Konzept ist im erst Werden, das hat ein Projekt, an dem zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure beteiligt sind, vielleicht einfach an sich.

    #Berlin #Mitte #Wilhelmstraße #Geschichte #Kongokonferenz #Kultur #Politik